In Reilingen toben Hexen, Dämonen und Prinzessinnen durch die Nacht
Die Nacht war grimmig kalt: Minus sieben Grad krochen den Menschen schnell unter die Jacken. Wer klug war, hatte ein warmes Fasnachtskostüm darüber gezogen und genoss den einen oder anderen Punsch, der von innen wärmte. So ausgerüstet, konnte es auf der Straße hoch her gehen. Dieser Ruf war dem zweiten Nachtumzug in Reilingen ohnehin vorausgeeilt, denn das Credo der Gemeinde lautet „Wir feiern gerne.“ So säumten Tausende von Reilingern und Gästen die Straßen, durch die der Zug sich seinen Weg suchte. Was 2011 als schöne Idee zum Gemeindejubiläum initiiert wurde, erlebte nun eine zweite Auflage, die fast noch schöner und beeindruckender wirkte. Denn immerhin 1800 Beinpaare machten sich auf, um „uff de Gass“ Spaß zu haben. Mit 77 Fußgruppen – Wagen waren nicht eingeplant worden – beeindruckte der Zug daher mit einem zeitlichen Ausmaß, das man sonst vielleicht noch aus den Hochburgen der Straßenfasnacht kennt. Rund drei Stunden ließen die Hexen, Dämonen und andere Narren ihre „Ahoi“- und „Helau“-Rufe erklingen und ließen dazu Konfetti und Bonbons regnen. Die Moderatoren auf dem Ehrenwagen, Claus Weber und Gabi Biefel, erläuterten und begrüßten, verloren zunehmend ihre Stimmgewalt, aber nicht die gute Laune. Auch Bürgermeister Stefan Weisbrod begrüßte die Narren, während sich Sabine Petzold, Vorsitzende der Kultur- und Sportgemeinschaft, unter die Narren mischte und sich sichtlich freute, dass alles „so wunderbar“ in der Choreographie klappte. Immerhin steckten für sie und viele Ehrenamtlichen sowie Rathaus-Mitarbeiter Monate der Planung in diesen drei Stunden der Heiterkeit und der Sorglosigkeit. Und die ließen sich hervorragend feiern. Nach dem Prinzenpaar des Karnevalvereins Käskuche Reilingen und den rußgeschwärtzen Reilinger Belzkiddl sorgten viele Besucher aus den Nachbarorten für ordentlich gute Laune. Mit dabei war so das Gaejmänndl aus Nußloch, die Karlsruher Dämonen Hexen, die Rheingönheimer Feuerteufel und auch die Asparagus-Hexen aus Dudenhofen. Viele Lichterketten erleuchteten die Hexenzünfte, ließen Krieger dämonisch im Licht lächeln, entflammten die Herzen von Wilden Hühnern und selbst Donald Trump ließ sich nicht lumpen und erschien im Schein des Kerzenlichts mahnend: „Make the wall great again.“ Ob Reilinger Kraichbach Schlabbe oder Sängerbund, Sportverein und Spielmannszug – die Vielfalt der teilnehmenden Gruppen war schier unermesslich und ließ immer neue Details in den Kostümen erkennen. Dazu noch ordentliche Gugge- und Spielmannsmusik – viele der Gäste betonten da, dass so eine althergebrachte Straßenfasnacht ohne große Wagen mit viel lauter Musik einfach schön sei. Ein großes Lob erhielten die Veranstalter auch auf facebook und selbst die Rettungskräfte freuten sich über wenig Einsätze. Die letzten Reserven aktivierten die Teilnehmer und Zaungäste übrigens im Narrendorf, das auf dem Parkplatz vor den Mannherz-Hallen aufgebaut worden war. Essen und Trinken gab es hier für jeden und natürlich spielte auch die Musik. Ein Erfahrungsaustausch, der besonders viel Spaß machte.
Einen Film über den Nachtumzug von Thomas Keller finden Sie unter https://vimeo.com/thomaskellerfilms/nachtumzug.
Bericht: Koob